Sunday, December 28, 2014

Charity Hospital and Medical Complex



Das Charity Hospital war eins der ältesten Krankenhäuser der Vereinigten Staaten, das es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den Ärmsten eine Krankenversorgung zu gewährleisten. Viele erinnern sich sicher noch an Bilder des durch Katrina überfluteten Krankenhauses; daran, wie Ärzte im Schein von Taschenlampen versuchen, die Versorgung aufrecht zu erhalten und wie schließlich die Patienten aus dem überfluteten Krankenhaus evakuiert werden.



Die lange Geschichte des Charity Hospitals endet allerdings mit Katrina: Nach der Evakuierung wurde es wieder aufgeräumt, so dass man dort den Betrieb hätte wieder aufnehmen können, doch von politischer Seite war das unerwünscht. Das Krankenhaus wurde geschlossen. Auch die Proteste der Bevölkerung konnten dagegen nichts ausrichten. Nun wird in unmittelbarer Umgebung des in den 1930er Jahren gebauten Komplexes ein riesiges medizinisches Zentrum der Louisiana State University (LSU) gebaut. Ob dort allerdings auch Menschen versorgt werden, die noch immer keine Krankenversicherung haben, ist bislang unbekannt.



Das Charity Hospital war ein Symbol. Gegründet im Jahr 1736 – nur 18 Jahre nach Gründung von New Orleans – steht es in engem Zusammenhang mit der Gesundheitssituation der Stadt, von Gelbfiberepedemien bis zu Katrina. Ansässig in verschiedenen Häusern, wurde 1939 ein riesiger Komplex an der Tulane Avenue gebaut – in enger Nachbarschaft zu Krankenhaus und Medical School der Tulane University. Entlang der Straße gibt es noch weitere Gebäude aus den 1930er Jahren. Eins gehört heute zur Medical School der LSU, die anderen stehen leer, darunter auch ein Heim für Rekonvaleszente.



Was mit dem Gebäudekomplex passieren soll, dessen Statik nach einem Gutachten einwandfrei ist, ist unklar. Ein Dokumentarfilm bemüht sich nun darum, die Geschiche des Krankenhauses und die politischen Implikationen seiner Schließung aufzuarbeiten. Er lief gerade in einem lokalen Kino.



Hier die Baustelle des neuen Medizinischen Zentrums. Für dessen Errichtung wurden mehrere Blocks frei geräumt, auf denen teilweise historische Häuser standen. Einige wurden abgerissen, andere versetzt.


NACHTRAG: Nachdem ich nun den Film gesehen habe, weiß ich noch ein bisschen mehr. Im Juli 2005 hatte die LSU, die der Betreiber des Charity Hospitals war, der Stadt vorgeschlagen, ein neues Krankenhaus zu bauen. Kostenpunkt: 800 Millionen $. Die Stadt sagte vielen Dank, aber das Geld haben wir nicht. Dann kam Katrina. Die Struktur des Charity war einwandfrei, das THW hat die Keller leergepumt und Armee, Ärzte und Schwestern haben alles wieder hergerichtet. Doch die LSU hatte beschlossen, das Charity als Totalschaden abzuschreiben, damit die FEMA (Federal Emergency Management Agency) das neue Krankenhaus bezahlt. Nach langen Querelen gab es dann auch von der FEMA über 400 Millionen $.

Aktivisten, die für die Wiedereröffnung waren, hatten versucht, das Argument auszuhebeln, dass das Krankenhaus nicht modernen Standards entspricht. Sie hatten ein Gutachten erstellen lassen, das besagte, dass man mit 26 Millionen $ das Innenleben des Krankenhauses in neuste Standards versetzen kann. Aber die LSU wollte ein neues Krankenhaus und muss von der politischen Seite dabei unterstützt worden sein (die kam im Film nicht vor).

Notdürftig haben dann Ärzte und Schwestern einen Emergency Room erst in Zelten, dann in einer aufgelassenen Shopping Mall betrieben, aber man konnte natürlich keine Patienten aufnehmen. Im Film heißt es, dass viele gestorben seien, weil sie keine Hilfe bekommen hätten, denn andere Krankenhäuser hatten ebenfalls ihr Limit erreicht.

Eine der tragischsten Geschichten ist, dass das Charity Hospital eine sehr gut funktionierende Mental Health Unit für psychisch Kranke hatte. Die Polizei hatte früher psychisch Auffällige dort hingebracht. Die landeten nach Katrina entweder im Gefängnis oder blieben auf der Straße. Einige von ihnen haben dann Morde begangen, was evtl. vermeidbar gewesen wäre, wenn sie eine vernünftige Behandlung und Medikamente bekommen hätten.

Und überhaupt: Nach Katrina litt die gesamte Stadt an Posttraumatischer Belastungsstörung und Depressionen. Eine Mental Health Unit hätte sicher dem einen oder anderen geholfen.

Für das neue Krankenhaus sind zahlreiche Bewohner*innen vertrieben worden, denn es mussten mehrere innenstadtnahe Blocks abgerissen werden. Dort wohnten vor allem Angehörige der Arbeiterklasse, die Häuser waren teilweise sehr alt und hatten historischen Wert. Der Film schweigt darüber, ob LSU oder Stadt den Vertriebenen geholfen haben, neue Häuser zu finden und ob Kompensationen gezahlt wurden. Im Film beschweren sich einige Bewohner*innen darüber, dass sie nach Katrina ihre Häuser wieder hergestellt haben und nun vertrieben werden, nachdem sie die ganzen Schwierigkeiten von Zerstörung und Wiederaufbau überwunden hatten.

Ein alter Mann erzählt, dass sein Großvater sein Haus gebaut hätte. Einige Häuser sind tatsächlich erhalten worden, sie wurden quer über Central City verteilt. Dort stehen sie noch heute so herum, ohne dass sich je jemand darum gekümmert hätte. Sie sind in einem sehr schlechten Zustand. Die Stadt hat jetzt eine Organisation gebeten, sich darum zu kümmern. Doch ob diese Häuser wirklich wieder hergestellt werden können, ist zweifelhaft.

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