Saturday, April 30, 2016

Metroeröffnung I




Gestern Abend war es so weit: Offiziell wurde der erste U-Bahn-Tunnel in Südindien eingeweiht, das bisher fehlende Zentralstück der Purple Line, die die Stadt bisher in zwei Teilstücken in Ost-West-Richtung querte. Großer Festakt vorm Regierungsgebäude.



Leider war es mir nicht gelungen, eine Einladung für dieses Event zu bekommen, weder das Goethe-Institut noch das IIHS konnten mir eine verschaffen. Alsohing ich ein bisschen an der zu eröffnenden U-Bahnstation vor dem Regierungsgebäude herum, um die Menschen dort zu fotografieren und ein bisschen von der Atmosphäre mitzubekommen.



Nach etwa einer Stunde kam plötzlich ein junger Typ auf mich zu, drückte mir einen Pass als Invitee in die Hand und verschwand sofort wieder zwischen seinen Kollegen. Ich konnte nichtmal mit ihm sprechen, mich nur darüber freuen, dass ich jetzt in die abgeriegelte Zone durfte.



Der Festakt begann mit dem Absingen einer Hymne, keine Ahnung, ob das die Indische, die vom Bundestaat Karnataka oder irgendwas aus Bangalore war. Auf der Bühne saßen die Würdenträger, die indischen alle ganz in Weiß gekleidet. Dann wurde ein Licht entzündet und sogleich auch der Höhepunkt der Feierlichkeiten verkündet, nämlich das Flagging Off des ersten U-Bahn-Zugs: Zwei Herren erhielten eine grüne Fahne, die sie fröhlich schwenkten. Auf den Bildschirmen wurde die Station eingeblendet, dort stand ein uniformierter Mann, der ebenfalls eine grüne Fahne schwenkte und die U-Bahn im Film setzte sich in Bewegung. Sie war recht leer, aber mit grünen und lila Luftballons dekoriert, den Farben der Namma Metro (Unsere Metro).



Danach folgten noch viele Reden, unter anderem von den Konsuln Japans und Frankreichs, die offenbar tatkräftig beim Bau unterstützt haben, und von diversen anderen Politikern, die teils auf Englisch und teils auf Kannada sprachen, der lokalen Sprache. Ein Regierungsvertreter, ich nehme an, er kam aus Delhi, hielt eine flammende Grundsatzrede über Nachhaltigkeit, Verkehr und Gesundheit. Danach wurde es ein bisschen langweilig, viele gingen.



Nach dem Ende der Veranstaltung wurden noch viele Andenkenbilder gemacht.



Ich dachte ja, dass wir dann natürlich in dei Metro steigen würden, um ein paar Stationen zu fahren. Aber offenbar war das anders geplant. Denn an der Station vorm Regierungsgebäude wurden nur Medienvertreter_innen eingelassen, es gab hitzige Diskussionen, deren Inhalt ich nicht verstehen konnte. Es wurde aber auch auf die nächste Station gewiesen, so dass wir uns dorthin auf den Weg machten.



Doch auch dort gab es keinen Einlass, so dass ich annehme, dass abends tatsächlich nur die Politiker Metro fahren durften, während der Rest der Bevölkerung bis 6:00 am nächsten Morgen warten musste, um den ersten Zug zu bekommen.

Malleshwaram II




Mit Bengaluru by Foot kann man geführte Spaziergänge durch unterschiedliche Gegenden der Stadt machen. Malleshwaram bot sich zur Vertiefung meiner eigenen Exkursionen an. Es ging hier vor allem darum, historische Häuser anzuschauen, in die wir – teilweise – auch eingelassen wurden.



Leider gibt es nicht mehr viel alte Bausubstanz in Bangalore. Das hat vor allem damit zu tun, dass keinerlei Interesse der Stadtverwaltung an der Bewahrung historischer Architektur besteht. Das lässt die Erben solcher Häuser meist sehr allein, die sich eine Instandhaltung solcher Schmuckstücke oft nicht leisten können. Zudem bieten Immobilienspekulanten unglaubliche Summen für solche Grundstücke, die sie zu entwickeln versprechen und den ehemaligen Eigentümern auch Eigentumswohnungen zur Verfügung stellen. Wenn beispielsweise mehrere Geschwister eine solche Erbschaft machen, können auf diese Weise alle profitieren. Da haben es historische Strukturen nicht leicht.



In Malleshwaram sind die ältesten Häuser etwa 150 Jahre alt. Viele, die wir angeschaut haben, datieren jedoch aus den 1930er und 1940er Jahren. Angelegt war der Stadtteil mit unterschiedlichen Grundstücksgrößen und Layouts, so dass sowohl ärmere als auch reichere Inder Grundstücke erwerben konnten. Die Kanalisation war die große Neuerung. Zunächst wurden die Abwässer jedoch über geschlossene Kanäle in Seitengassen abgeleitet und an einem bestimmten Punkt eingesammelt und aufs Land verbracht. Das war aber schon eine Verbesserung gegenüber den Bedingungen der Altstadt, die wohl auch zum Ausbruch der Pest geführt hatten. Insofern hatten viele Häuser direkt vor der Tür oder im Innenhof einen Brunnen.



Die Häuser zeichnet grundsätzlich aus, dass die – sehr dunklen – Gemeinschaftsräume im Inneren des Hauses liegen. Sie haben sehr hohe Decken und Oberlichter, die auch für Ventilation sorgen. Daher sind sie oft erstaunlich kühl, selbst in der aktuellen Backofenhitze.



Dann gibt es Innenhöfe, die die Wohnräume mitunter mit der Küche verbinden oder aber für diverse Hausarbeiten genutzt werden. Früher gab es auch immer einen kleinen Kuhstall direkt am Haus, heute sind das Garagen oder Schuppen oder diese Gebäude sind abgebrochen und anderen Grundstücken zugeschlagen.



Wenn die Häuser von den Besitzern gehalten und renoviert werden, entstehen oft tolle Schmuckstücke, die mitunter in großartigen Gärten stehen. Für das Klima im Haus es ist hier wirklich wichtig, Bäume um das Haus herum zu haben, denn jedes Grün in Kombination mit Schatten schafft im Haus ein angenehmeres Klima.



Einige der besichtigten Häuser sind mehr oder weniger verlassen: Ein Gebäude dient heute als Mädchenschule, en anderes war mal ein Heim für Kinder mit Problemen, das aber vor einiger Zeit ausgezogen ist. Die Erben hatten die Grundstücke der Stadt zur Verfügung gestellt. So ist zu hoffen, dass die auch dafür sorgt, dass die Häuser stehen bleiben. Sicher ist das allerdings nicht.



Leider kamen wir nicht wie versprochen in alle Häuser rein, manchmal war die Absprache mit dem Sohn getroffen, aber nun nur die Mutter zu Hause oder aber das Haus zu unordentlich, um Gäste hinein zu lassen. Zudem waren die früheren Gruppen wohl immer viel kleiner, wir waren jedoch 10 Personen.



Toll war die Villa Pottapati, die heute ein kleines Boutique Hotel ist, aufgekauft von einer Kette, die historische Bausubstanz in Hotels umwandelt und auch entsprechend mit historischen Gegenständen einrichtet. Wir hatten nicht nur das Glück, im schattigen Garten ein großartiges Frühstück serviert zu bekommen, sondern auch die meisten Zimmer besichtigen zu können, da sie gerade nicht belegt waren. Ein wirklich schöner Ort und man ist direkt sehr dankbar für ein solches Engagement.



Interessant sind auch manche Details. In den Wohnräumen gibt es beispielsweise Unter-Ziegel. Auf diese Weise wird zwischen Ziegeln und Unter-Ziegeln nochmal ein Luftpolster als Isolation geschaffen. Gleichzeitig dient die Untersicht als Dekoration. In den Flurbereichen gibt es so etwas nicht, hier kann man aber sehen, dass die Dachziegel von 1865 aus den Basel Mission Tile Works kommen.



Das letzte Haus, das wir besichtigen konnten, ist wohl ein Star, in dem schon diverse Filme gespielt haben. Der Sohn des Erbauers bewahrt auch viele Gegenstände seiner Vorfahren auf, so dass er auch ein altes Foto zeigen konnte. An diesem Haus zeigt sich aber auch die Schwierigkeit, mit der alten Substanz umzugehen. Denn zum einen war das Grundstück früher viel größer, nun stehen rechts und links direkt Wand an Wand zwei große Gebäude. Vor dem Haus ist nur ein Mango-Baum übrig geblieben, sicher gab es früher auch einen sehr schönen Garten.



Nachtrag: Auf dem Foto ist der Regisseur von Kannada-sprachigen Filmen Yaragudipati Varada Rao mit seiner Familie zu sehen. Das kleine Mädchen ist möglicherweise seine Tochter Lakshmi, die eine berühmte Schauspielerin ist.

Thursday, April 28, 2016

Tiere




Dass in Indien Kühe auf der Straße stehen und mitunter Staus verursachen können, das weiß man ja. Es gibt allerdings noch weitere Tierarten, die man hier gelegentlich zu Gesicht bekommt. Neulich bin ich zum ersten Mal einer Affenfamilie begegnet. Gerade war überhaupt kein Verkehr, da liefen sie ganz gemütlich über die Straße.



Gestern saß ich an der Bushaltestelle und eine Schar von Eseln kam vorbei. Ich hatte sie in den letzten Tagen schon gelegentlich gesehen. Esel werden hier manchmal für das Ziehen von Karren benutzt, aber hier in der Umgebung habe ich solche Karren eher selten gesehen, so dass ich mich schon frage, wohin die gehören.



Es gibt viele Straßenhunde, die aber sehr friedlich sind und einen in der Regel in Ruhe lassen. Als ich neulich mal von 2 Hunden angebellt wurde, brüllte ein Rickschafahrer, der gerade Pause machte, die beiden so zusammen, dass sie sofort von mir abließen.

Abends auf Dachterrassen kann man viele Fledermäuse sehen, neulich war eine im Format Draculas unterwegs



Aus der Insektenwelt gibt es zu berichten, dass es vor allem Ameisen in allen Formaten gibt, die größten, die ich bisher gesehen habe, sind etwa 2 cm lang. Ansonsten konnte ich schon diverse andere Insekten beobachten, aber im Haus finden sich keine, was sehr angenehm ist. Auch gibt es nur wenige Mücken, die auch nur nachts, so dass man gar nicht so viel Anti-Brumm auftragen muss.

Am Morgen nach dem Regen versuchte sich ein Regenwurm aus dem Abfluss meiner Dusche herauszubewegen. Irgendwie war ihm das gekachelte Umfeld dann aber doch unangenehm, so dass er von selbst wieder in die Tiefen verschwand.

Nachtrag: Irgendwie haben die Regenwürmer dann doch noch den Weg in die Dusche gefunden, leider, das war keine so kluge Idee...

Monday, April 25, 2016

Regen!




Es gibt ein Thema, das hier alle beschäftigt, nicht erst seit wir da sind: die Hitze. Am Sonntag wurde hier ein Hitzerekord von knapp 40 Grad gemessen, damit wurde der Hitzerekord von 1931 gebrochen, es war angeblich die höchste Temperatur, die seit Beginn der Messungen 1876 in Bangalore registriert wurde.



Dazu muss man sagen, dass letzte Woche ein Streit zwischen dem offiziellen indischen Wetterdienst und einem Radio- oder Fernsehsender ausgebrochen war, denn zahlreiche Apps zeigten bereits 41 Grad und Screenshots davon kursierten in den sozialen Medien. Der Wetterdienst behauptete, der Sender habe keine geeichten Thermometer, es seien nur 36,3 Grad gemessen worden. Der Sender entgegnete, der indische Wetterdienst habe nur zwei Stationen in Bangalore, eine am Cubbon Park (Grünfläche, da ist es immer etwas kühler) und eine am Flughafen, der 40 km weiter nördlich liegt. Der Sender habe 15 Thermometer im Stadtraum verteilt, deren Mittelwert genommen werde. Und der ganze Beton würde alles schließlich noch heißer machen.



Traditionell hat Bangalore eigentlich ein sehr angenehmes Klima. Im – derzeitigen –Sommer fing es normalerweise an zu regnen, wenn es mehrere Tage richtig heiß war, dann kühlte es wieder etwas ab. Man spricht von den Mango Showers, da die Mangos kurz vor der Ernte nochmal Feuchtigkeit benötigen. Früher gab es auch immer Schleierbewölkung, die ebenfalls etwas Abkühlung bringt, weil die Sonne nicht ganz so sengend ist. In diesem Jahr hat das alles bislang gefehlt.



Insofern kann man sich vorstellen, wie sich alle gefreut haben, als es heute zu regnen begann. Zwar stellen sich viele Mofa-Fahrer unter, manche Radler bauen sich einen Hut aus einer Tüte und es gibt viele Pfützen mit sehr dreckigem Wasser: Egal, der Regen wäscht den Staub aus der Luft und kühlt. Natürlich wird es dann auch gleich schwül, aber das lassen wir jetzt mal beiseite.



Die Mango-Bauern dürfen hoffen!



Die Hitze bringt auch eine große Dürre mit sich und die Wasserreservoirs verdunsten mehr Wasser als gut ist, so dass befürchtet wird, dass Bangalore das Wasser ausgehen könnte. Es ist aber nicht nur der Klimawandel, der das Wetter verändert: Bangalore hat innerhalb von 3 Jahren 40% an Baumbestand verloren, so dass die gefühlte Temperatur in der Stadt um 2 Grad gestiegen ist.

Und es ist wirklich ein Unterschied, ob man durch die Sonne läuft oder im Schatten unter Bäumen, das erlebe ich jeden Tag.