Sunday, November 30, 2014

Mehr Schlaglöcher

Auch wenn die Straßen hier an vielen Stellen schlecht sind, solche Schilder habe ich im Stadtteil Westend zum ersten Mal gesehen. Es handelt sich gewissermaßen um den Protest der Steuerzahler*innen, die nicht einsehen, dass ihre Straßen in einem derart miserablen Zustand sind.

Die Straßen wirken fast als ob sich ein Vulkan im Untergrund befände. An manchen Stellen scheint er Gasblasen zu erzeugen, die nach Abkühlung die darüberliegende Schicht zum Einsturz bringen. Anderswo lässt er Kräfte wirken, die Gullys nach oben drücken.

Lafitte Greenway

Projekte der Urban Revitalization umfassen hier in New Orleans auch die Durchwegung von mitunter problematischen Stadtteilen. An das Südostende des Areals, auf dem derzeit der Lafitte Greenway angelegt wird, grenzen die Lafitte Projects. Dies war einst eine durch Kriminalität gepägte Nachbarschaft mit Mietshäusern, die durch Wirbelsturm Katrina stark beschädigt wurden. Derzeit werden die Lafitte Projects neu gebaut und bieten Wohnraum für Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen sowohl zur Miete als auch zum Erwerb von Wohneigentum.

Der Lafitte Greenway soll die historischen Faubourgs Treme und Lafitte mit dem City Park verbinden, so dass Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und Benutzer*innen anderer nicht motorisierter Fortbewegungsmittel sich sicher auf einem parkähnlichen Grünstreifen durch die Stadt bewegen können.

Auf dem zwischen Lafitte Avenue und St Louis Street gelegenen Gelände wurde im späten 18. Jahrhundert der Carondelet-Kanal mit breitem Fußweg angelegt. 100 Jahre später wurde er wieder zugeschüttet und es wurden Eisenbahngleise verlegt. Das Areal hat – historisch gesehen – immer als Verbindung zwischen den verschiedenen Stadtteilen gedient.

Bereits 2007 hatte der Stadtrat diesem Projekt als wichtigen Teil der Post-Katrina Revitalisierung große Priorität eingeräumt. Derzeit läuft die Endphase, im Frühjahr 2015 soll der Lafitte Greenway dann eröffnet werden. Wie es sich für einen „Greenway“, also für einen Grünzug gehört, wird das Gelände parkähnlich gestaltet. Neben den Fuß- und Radwegen errichtet die Stadt auf dem 3,1 Meilen langen Streifen auch einige Sport- und Spielplätze. Ein Community Center steht dort schon.

Wie immer bei solchen Projekten der Verbesserung der Stadt hat sich ein Bürgerkommittee gegründet, um das Anliegen voranzutreiben. Die Ausgestaltung des Lafitte Greenway ist in Workshops gemeinsam mit den Anwohnern erarbeitet worden, um eine möglichst breit angelegte Unterstützung in der Bevölkerung zu erzielen. Denn auch wenn man davon überzeugt ist, dass das ein absolut wichtiges Projekt ist, wird es immer Leute geben, die sich beschweren, dass für so etwas Geld ausgegeben wird, das an anderer Stelle dringender gebraucht würde.

Friday, November 28, 2014

Thanksgiving auf der Pferderennbahn

Ein großes Event in New Orleans ist das Pferderennen an Thanksgiving. Da es im Sommer viel zu heiß ist, beginnt an diesem Tag offiziell die Rennsaison.

Um richtig dabei zu sein, muss man mindestens einen Hut tragen. Manchmal sind wohl noch mehr Menschen voll kostümiert, der Hut ist aber in jedem Fall das Assessoire der Wahl.

Happy Thanksgiving!

Thanksgiving wird in den USA immer am letzten Donnerstag im November begangen und ist angeblich der Feiertag mit der größten Reiseintensität. Das liegt daran, dass Thanksgiving von allen Amerikanern unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit gefeiert wird. Man feiert im Kreis der Familie; unbedingt gehört der Truthahn auf den Tisch.

Und weil es in New Orleans diverse Urban Farms gibt, die in der Regel Gemüse anbauen, gibt es auch den einen oder anderen Vogel im Garten, der dann an Thanksgiving verzehrt wird.

Auch als Vegetarierin kann man Thanksgiving ganz gut aushalten, selbst wenn man kein Tofurkey isst. (Ja, so etwas gibt es hier wirklich: Einen Tofu-Braten mit Füllung, der die Konsistenz von Turkey haben soll.)

Auf dem Teller versammelt: Überbackener Süßkartoffelbrei mit Pecan-Kruste, ein mit Parmesan überbackenes Gericht aus Artischockenherzen und grüne Bohnen. Dazu geht dann auch noch Cranberry-Soße. Davon kann man dann so viel essen, dass der Pumpkin-Pie noch am Wochenende verzehrt werden muss, weil alle doch zu satt waren, um ihn zu probieren.

Wie ich dann heute in der Süddeutschen lesen konnte, beginnt mittlerweile jedoch an Thanksgiving bereits der Black Friday, der Brückentags-Shopping-Tag, an dem es die größten Rabatte gibt. Der Einzelhandel macht wohl den größten Jahresumsatz an diesem einen Wochenende. Das bedeutet natürlich für das Personal, dass es nicht Thanksgiving feiern kann, sondern arbeiten muss. Dabei war ich ganz erfreut, dass der Supermarkt um 16:00 schließen wollte und ich der Kassiererin ein ernstgemeintes Happy Thanksgiving wünschen konnte in der Annahme, dass sie wirklich nachmittags mit ihrer Familie feiern würde.

Thursday, November 27, 2014

Poor Boys im Parkway

In New Orleans gibt es eine Spezialität, die sich Poboy nennt. Manchmal wird sie auch Po'Boy geschrieben. Das ist aber insgesamt nur die Abkürzung von Poor Boys. Der Po'boy wurde im Jahr 1929 erfunden, als es zu einem Streik der Straßenbahnschaffner kam und sich Bennie Martin, die Besitzerin eines Kaffeestands und Restaurants sorgte: »What are we going to feed these poor boys?«

Das Futter für die armen Jungs bestand aus einem Sandwich mit Kartoffeln und einem Klecks Bratensoße (Gravy, ein hier sehr wichtiger Bestandteil von Mahlzeiten). Dieses Sandwich wurde von der Parkway Bäckerei in der Nähe des Bayou St. John übernommen, die vor allem dafür bekannt war, die Arbeiter der American Can Factory, die im Schichtdienst arbeiteten, rund um die Uhr zu versorgen.

1978 wurden die beiden Backsteinöfen bei einer Flut stark beschädigt, konnten aber repariert werden, so dass der Bäckereibetrieb aufrecht erhalten wurde. 1988 schloss die American Can Factory, insofern wurde auch der 24-Stunden-Betrieb zurückgefahren, 1993 wurde die Bäckerei geschlossen.






























1995 wurde die stillgelegte Bäckerei aufgekauft. Die neuen Eigentümer zerlegten zunächst die Öfen und verkauften die Ziegelsteine, um so die Mittel für die Renovierung zusammen zu bekommen. Das dauerte eine ganze Weile, erst 2003 konnte das Parkway wieder eröffnen, viele der Backsteine wurde in Fußböden und Treppenstufen verbaut. Das Parkway heißt seither Bakery & Tavern. Durch die von Wirbelsturm Katrina hervorgerufenen Überflutungen stand das Gebäude 1,80m unter Wasser. Dennoch konnte es bereits im Dezember 2005 wieder eröffnen.

Heute ist es ein extrem angesagter Ort. Als ich heute Mittag vor der Tür stand, gab es eine riesige Schlange bis auf die Straße. Später habe ich erfahren, dass es einen besonderen Thanksgiving Poor Boy nur bis heute gab. Als die Schlange nicht mehr ganz so lang war am Nachmittag, war er dann schon aus.

Es gibt neben dem klassischen Poor Boy zahlreiche Varianten, mit Fleisch, mit Fisch, mit Alligator, aber auch mit Käse. Unten ist ein Golden Fried Catfish Poor Boy mit sehr leckeren Süßkartoffel-Fritten zu sehen.

Monday, November 24, 2014

Stadt am Fluss

Wenn man seine Zeit in New Orleans verbringt, kann man mitunter schon vergessen, dass die Stadt an einem berühmten Strom, am Mississippi, liegt. New Orleans ist weitgehend vom Mississippi-Ufer abgeschnitten: vor allem durch Bahngleise, Industrie- und Hafenanlagen; in Downtown quetschen sich eine Shopping Mall und ein Konferenzzentrum zwischen Stadt und Fluss. Nur an wenigen Stellen ist es möglich, auf dem Deich spazieren zu gehen oder Rad zu fahren. Bis vor kurzem gab es außerhalb des French Quarters sogar nur einen einzigen Zugang zum Wasser: Im Audubon Park, weit im Westen der Stadt gelegen – selbst für Radfahrer schwer zu erreichen. Die folgenden Fluss-Fotos habe ich fast alle dort gemacht.

Von weitem kann man zwar fast von überall die große Mississippi-River-Bridge sehen (hier vom Stadtteil Holy Cross aus). Sie ist sehr hoch, damit die Hochsee-Dampfer drunter durchfahren können, und sie ist die einzige Brücke, die bei New Orleans den breiten Fluss überspannt. Doch leider kann man über sie ausschließlich mit dem Auto fahren. Denn die Mississippi-River-Bridge ist eine reine Autobahnbrücke. Gerade heute habe ich mit einer Frau gesprochen, die meinte, sie würde gerne mal nach Europa kommen, weil es da Brücken über die Flüsse gäbe, die man zu Fuß oder mit dem Fahrrad überqueren kann.

Immerhin hat New Orleans dieses Problem erkannt: Die Stadt arbeitet stark daran, die Verbindung zwischen der Stadt und dem Fluss – wenigstens partiell – wieder herzustellen. In diesem Jahr ist bereits ein Teilabschnitt des neuen Crescent Park eingeweiht worden, angeblich soll bis Ende des Jahres ein zweiter Teil folgen. Doch die geplante Brücke über die ufernahen Eisenbahngleise, ohne die man den neuen Abschnitt des Parks nicht betreten könnte, ist noch nicht gebaut. Ich gehe deshalb davon aus, dass es eher noch etwas länger dauern wird, bis der ganze Park eröffnet wird.

Das Flussufer birgt vor allem aber auch eine Menge sozialen Zündstoffs: Es ist einer der umstrittensten Bereiche der Stadt. Diirekt am Fluss liegt die Stadt am höchsten über dem Meeresspiegel. Hier haben die Überflutungen des Hurrikans Katrina 2005 keine Schäden anrichten können. Deshalb gibt es Initiativen, die am Ufer am liebsten Hochhäuser bauen möchten, um dort möglichst viele Menschen anzusiedeln.

Der Nachteil dieser Idee ist natürlich, dass Hochhäuser in einer solchen Lage mit dann bester Aussicht kaum für alteingesessene und ärmere New Orleanians, sondern lediglich für eine neu hinzuziehende weiße obere Mittelschicht in Betracht kämen. Insofern sind diese Ideen Teil des Kulturkampfes, der hier tobt: Alteingesessene gegen Hinzuziehende, Arme gegen Reiche, African-Americans gegen Weiße.

Die Frage danach, wem die Stadt gehört und wer ein Recht auf die Stadt hat, gehört hier fest zum Alltag.

Sunday, November 23, 2014

Second Line – direkt vor der Haustür

Die heutige Second Line führte direkt bei uns am Haus vorbei, ein ganz besonderes Ereignis.

Ich hatte ja ein bisschen Sorge um die Bepflanzung des Vorgartens, ist aber nichts passiert.

Und von den großen Barbecues werden unter anderem extra große Hotdogs verkauft.