Monday, February 16, 2015

Mardi Gras Update: Muses



Die letzte Woche des Karnevals beginnt mit Paraden am Mittwoch. Die wichtigste im Auftakt zum großen Tag ist jedoch die Krewe of Muses am Donnerstag Abend. Diese Krewe ist eine rein weibliche, das heißt, auf den Floats fahren ausschließlich Frauen mit. Die Bands, Tanzgruppen und andere Teilnehmer*innen sind jedoch gemischt.



Die traditionellen Karnevals-Krewes heißen oft nach Figuren aus der griechischen Mythologie, die Muses sind da keine Ausnahme. Bekannt sind sie für die vielen toll kostümierten Artistik- und Tanzgruppen, ihre Floats mit Kommentaren zur politischen und gesellschaftlichen Lage, aber vor allem ihre Throws, die mir schon seit Monaten als die besten angekündigt worden sind. Alle sagen: Muses musst du gesehen haben!



Da ich die Krewe of Nyx am Abend vorher ganz am Anfang der Route in Uptown gesehen hatte und auch schon letzte Woche auf der Canal Street am Ende des Zugweges war, bin ich diesmal ins CBD (Central Business District), wo es viele Tribühnen von angrenzenden Restaurants und Hotels gibt, deren Plätze teuer verkauft werden. Dafür hat man Bar- und Toilettenanschluss. Das Publikum war sehr gemischt, Touristen und Einheimische, Schwarze, Weiße.



Die Muses haben ein so genanntes signature element und das sind Schuhe. Viele Krewes werfen neben dem in China hergestellten Plastikzeug auch Handgemachtes, so auch die Muses. Diese besonderen Throws haben hohen Sammlerwert, weshalb alle unbedingt davon etwas haben wollen. Bei den Muses sind das handdekorierte einzelne Schuhe. Neben mir stand eine ältere Dame mit einem großen grünen Plastikkorb an einem Besenstiel. Auf dem Plakat stand: »Please shoe me!« Ich fragte sie am Anfang, ob sie damit schon erfolgreich gewesen sei und sie meinte zu mir, sie würde damit bestimmt drei Schuhe bekommen.



Mit ihrem Korb fischte sie dann zunächst sehr viele Throws ab (sehr zum Leidwesen der anwesenden Kinder), später wurde so viel geworfen, dass sie unmöglich alles abfangen konnte. Lustig war, dass die Familie neben mir, ein Vater mit zwei Töchtern, gleich zwei Schuhe bekam. Die ältere Dame war sehr konsterniert und extrem neidisch, insbesondere als der Mann neben mir ihr sagte, dass die Frau auf dem Float ihn anvisiert habe, um ihm persönlich den Schuh zukommen zu lassen. Denn sie dachte, er sei eben ein besonders guter Fänger, der hoch springen kann (konnte er auch!). Die Damen auf den Floats haben auf jeden Fall große Macht, wenn sie die johlende Menge betrachten und sich bestimmte Leute ausgucken, denen sie die besonderen Throws zukommen lassen wollen.



Die nächtlichen Paraden werden traditionell von Fackelträgern, den so genannten Flambeaux begleitet. Die Flambeaux werden von Schwarzen getragen und offensichtlich gibt man ihnen Trinkgeld (von den Tribühnen wurden Dollarscheine hinunter geworfen). In Zeiten elektrischer Beleuchtung sind die Flambeaux aber nur noch Dekoration. Allerdings herrscht hier noch immer die Color-Line, die Fackelträger sind nach wie vor schwarz. Eine jüngere Krewe ist beispielsweise von zwei Studenten gegründet worden, die als Weiße vergeblich versucht hatten, einen Job als Fackelträger zu bekommen.



An den Karnevals-Krewes hat sich in den 1980er und 90er Jahren ein großer Streit entfacht, als eine Stadtverordnete den Vorschlag einbrachte, die im allgemeinen segregierten Karnevals-Krewes zu desegregieren. Deshalb haben einige der ältesten Krewes seither darauf verzichtet, Paraden abzuhalten (um eine Konzession zu erhalten, musste nachgewiesen werden, dass es keine Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe gibt). Ein ursprünglicher Entwurf hatte auch auf geschlechtliche Integration gesetzt, das wurde jedoch nie durchgesetzt, weshalb es nach wie vor auch reine Frauen- und Männer-Krewes gibt.



Aus diesem Streit haben sich allerdings sehr viele bunte neue Krewes gebildet, so dass die Stadt den Abschied der alten, weißen, männlichen Upperclass-Krewes gut verschmerzen kann.

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